1. Ziele und Inhalte
Durch die Teilnahme am Aufbauseminar für Fahranfänger soll ein sicheres und rücksichtsvolles Fahrverhalten erreicht werden. Problematische Einstellungen zum Verhalten im Straßenverkehr sollen verändert, das Risikobewusstsein gefördert und die Gefahrenerkennung verbessert werden.
Eine risikobewusstere Einstellung und eine sichere, rücksichtsvolle Fahrweise sollen erreicht werden insbesondere durch
- Entwicklung eines positiven Leitbildes („verantwortungsbewusste/r Fahrer/Fahrerin“)
- Vergleich unterschiedlicher Fahrweisen
- Verbesserung der Verkehrs- und der Selbstbeobachtung
- Analyse gefährlicher Situationen zur Entwicklung von Vermeidungsstrategien
- Auseinandersetzung mit alterstypischen Fahrverhaltensweisen und ihren Risiken
- Verbesserung der Regelakzeptanz
- Erarbeitung konkreter Verhaltensalternativen.
Ein Aufbauseminar besteht aus
- 4 Sitzungen zu je 135 Minuten Dauer (zuzüglich Pausenzeiten) und
- einer Beobachtungsfahrt (Fahrprobe) zwischen der 1. und der 2. Sitzung.
Die Beobachtungsfahrt wird in Gruppen durchgeführt und dauert je Teilnehmer ca. 45 Minuten (30 Minuten Fahrzeit und 15 Minuten Besprechung). Die Beobachtungsfahrt in einer 3er-Gruppe dauert daher für alle Mitfahrer insgesamt mindestens 135 Minuten.
Die Durchführung der Aufbauseminare richtet sich nach dem Programm „Aufbauseminare für Fahranfänger – ASF“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e.V. – DVR. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat das Programm von Verkehrswissenschaftlern unter Beteiligung erfahrener Seminarleiter entwickeln und fortlaufend aktualisieren lassen.
Das Programm ist in einem „Handbuch für Seminarleiter“ ausführlich und detailliert dargestellt. In diesem Handbuch werden
- die Grundlagen der Durchführung von Aufbauseminaren,
- das Aufbauseminar für Fahranfänger (ASF),
- Hintergrundinformationen, u.a. zu den rechtlichen Bestimmungen
beschrieben.
Das Handbuch wird über die Fahrlehrerverbände und die Fahrlehrerausbildungsstätten vertrieben.
In den Aufbauseminaren stehen die Erfahrungen der Teilnehmer im Mittelpunkt des Geschehens. Deshalb hält der Seminarleiter keine langen Vorträge, sondern gibt den Teilnehmern die Gelegenheit, von ihren Erlebnissen zu berichten und gemeinsam mit ihm nach Möglichkeiten zu suchen, zukünftig Unfälle und Verkehrsverstöße zu vermeiden.
Wichtig hierfür ist die aktive Mitarbeit
- in Partner- oder Kleingruppenarbeit
- bei moderierten Gruppengesprächen
- in Diskussionen.
Manche Überlegungen erfordern außerdem eine Vorbereitung der Teilnehmer in Einzel- / Stillarbeit anhand des Teilnehmer-Begleitheftes. Diese Vorbereitung soll z. T. auch zwischen den Sitzungen zuhause erfolgen.
Zur Unterstützung der Seminararbeit dient das Teilnehmer-Begleitheft, das alle Teilnehmer bei der 1. Sitzung erhalten.
Das Teilnehmer-Begleitheft enthält:
- Informationen zu den Inhalten der einzelnen Sitzungen
- die Arbeitsunterlagen, die im Verlauf des Seminars benötigt werden.
Der Preis für das Begleitheft ist in der Seminargebühr enthalten.
2. Was geschieht in den einzelnen Sitzungen und bei der Beobachtungsfahrt (Fahrprobe)?
Die erste Sitzung dient dem Kennenlernen der Teilnehmer. Sie machen sich miteinander bekannt, schildern ihre Zuweisungsdelikte und äußern ihre Erwartungen. Der Seminarleiter beschreibt die Ziele des Seminars und die Bedingungen für die erfolgreiche Teilnahme. Eigenschaften und Verhaltensweisen eines „guten Fahrers“ bzw. einer „guten Fahrerin“ werden mit den Teilnehmern erarbeitet. Außerdem werden die nächsten Seminareinheiten (Beobachtungsfahrt und 2. Sitzung) vorbereitet.
Bei der Beobachtungsfahrt fahren die Teilnehmer in eigener Verantwortung. Sie sollen zeigen, wie sich ihre Fahrweise seit der Fahrprüfung weiterentwickelt hat. Dabei wird deutlich, welche Situationen sie angemessen und sicher bewältigen können und womit sie noch Schwierigkeiten haben. Die Mitfahrer haben jeweils die Aufgabe den Fahrer zu beobachten, um ihm im anschließenden Auswertungsgespräch mitzuteilen, was ihnen aufgefallen ist. Mitfahrer und Seminarleiter beschreiben dabei, wie sicher sie sich gefühlt haben und welche Hinweise und Tipps sie dem Fahrer zu seiner Fahrweise geben können.
Zunächst berichten die Teilnehmer der verschiedenen Fahrgruppen sich gegenseitig von den Erlebnissen und Ergebnissen ihrer Beobachtungsfahrten. Vom Seminarleiter werden Hinweise zu häufig beobachteten Fehlern gegeben. Anschließend schildern die Teilnehmer, welche gefährlichen Situationen sie als Kraftfahrer im Straßenverkehr bereits erlebt haben. Mindestens eines dieser Erlebnisse wird dann ganz genau untersucht. Die Teilnehmer überlegen gemeinsam, was der Fahrer in der geschilderten Situation falsch gemacht hat und erarbeiten Vorschläge, wie man sich künftig in ähnlichen Situationen sicherer verhalten kann.
In Gruppen werden weitere, von den Teilnehmern erlebte Situationen besprochen und aus den erkannten Fehlern werden Hinweise für sicheres Verhalten abgeleitet. Dann werden mögliche Ursachen „nächtlicher Freizeitunfälle“ (Discounfälle) gesammelt. Die Gefahren werden besprochen und Lösungsvorschläge diskutiert. Anschließend überlegen die Teilnehmer, warum von Kraftfahrern gegen Verkehrsregeln wie z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Überholverbote verstoßen wird. Sie beschreiben, wie es ihnen gelingen kann, solche Regeln besser zu beachten.
Zu Beginn der 4. Sitzung untersuchen die Teilnehmer, welche Fahrmotive zu gefährlichem Verhalten führen und was sie bei sich selbst dagegen tun können. Der Seminarleiter erläutert, welche Folgen weitere Auffälligkeiten während der Probezeit und danach haben können. Nach einem Rückblick auf den Verlauf des Seminars und die besprochenen Einzelthemen überlegt jeder Teilnehmer, welche Erkenntnisse er daraus gewonnen hat.
Jeder beschreibt, inwieweit er sein Verhalten ändern muss und will, um in Zukunft möglichst unfallfrei und ohne Verkehrsverstöße zu bleiben. Bei vollständiger Teilnahme erhalten alle dann die Teilnahmebescheinigung. Zum Schluss können die Teilnehmer dem Seminarleiter eine Rückmeldung geben, wie ihnen das Aufbauseminar insgesamt gefallen hat.
3. Rechte und Pflichten
Die Teilnehmerzahl beträgt
- mindestens 6 Personen, damit ein Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern möglich ist.
- höchstens 12 Personen, damit jeder einzelne ausreichend zu Wort kommen kann.
Das Aufbauseminar dauert von der 1. bis zur 4. Sitzung
- mindestens 14 Tage
- höchstens 4 Wochen.
An einem Tag darf immer nur eine Sitzung stattfinden.
Durch diese Vorgaben haben die Teilnehmer zwischen den Sitzungen die Gelegenheit
- über das, was besprochen wurde, weiter nachzudenken
- während ihrer Fahrten ihr Fahrverhalten kritisch zu beobachten
- Anregungen, die sie erhalten haben, im Alltag auszuprobieren
- Vorbereitungsaufgaben zu erledigen, die für die Diskussionen in der jeweils folgenden Sitzung wichtig sind.
Bei den Beobachtungsfahrten (Fahrproben) sollen die Teilnehmer möglichst mit einem Fahrzeug der Klasse fahren, mit dem sie das Zuweisungsdelikt begangen haben.
Es müssen Fahrzeuge verwendet werden, die der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG § 5) entsprechen, d.h. im Pkw-Bereich Fahrschulfahrzeuge mit Doppelbedienung. Da die Fahrten in Gruppen stattfinden, ist dadurch für jeden Teilnehmer gewährleistet, dass
- nur mit einem technisch einwandfreien Fahrzeug gefahren wird
- der Seminarleiter im Notfall zum Schutz der Mitfahrer eingreifen kann.
Für Beobachtungsfahrten (Fahrproben) mit motorisierten Zweirädern dürfen auch Teilnehmerfahrzeuge verwendet werden, wenn sie die Bedingungen für ein Ausbildungsfahrzeug der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse erfüllen.
Damit das Seminar für alle Teilnehmer erfolgreich verläuft, ist es wichtig, dass jeder – im Rahmen seiner persönlichen Fähigkeiten – aktiv und konstruktiv mitmacht.
Die Teilnahmebescheinigung kann nur erhalten, wer
- vollständig an allen Teilen des Aufbauseminars teilnimmt,
- immer pünktlich ist,
- nicht alkoholisiert oder unter Einfluss von Drogen zum Seminar kommt,
- den Ablauf des Seminars nicht stört.
Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, darf keine Teilnahmebescheinigung erhalten. Er muss dann an einem neuen Aufbauseminar vollständig teilnehmen.
Damit niemand Befürchtungen haben muss, dass das, was er im Seminar sagt, ihm schaden könnte, sind die Teilnehmer und der Seminarleiter zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden verpflichtet.
Dies gilt auch für eventuell zusätzlich Anwesende, z. B.
- einen Kollegen des Seminarleiters, der dem Seminarleiter hilft oder von ihm lernen möchte,
- den Freund eines ausländischen Teilnehmers, den der Seminarleiter als „Dolmetscher“ dabei sein lässt.
Eine Teilnahmebescheinigung kann man nur erhalten, wenn man an einem Aufbauseminar vollständig teilgenommen hat. Es ist nicht möglich einzelne Seminarteile, z.B. die Fahrprobe oder die letzte Sitzung in einem anderen Seminar nachzuholen, sondern man muss in einem solchen Fall an einem neuen Aufbauseminar vollständig teilnehmen.
Dies ist deshalb wichtig, weil
- alle Teile des Aufbauseminars aufeinander aufbauen.
- Sie sind jedoch nicht in jedem Seminar identisch, da der Verlauf und die Ergebnisse des Seminars von den Beiträgen der Teilnehmer mitbestimmt werden.
- die gegenseitigen Anregungen der Teilnehmer untereinander entscheidend zum Ergebnis des Seminars beitragen.
Diese gegenseitige Beeinflussung setzt aber voraus, dass alle Teilnehmer das Seminar gemeinsam miteinander von der ersten bis zur letzten Sitzung durchlaufen.
Wie immer gilt - keine Regel ohne Ausnahme. Für NRW hat das Landesverkehrsministerium in einem Erlass geregelt, unter welchen Bedingungen dennoch eine versäumte Sitzung nachgeholt werden kann.
Der Seminarleiter muss jedem Teilnehmer, der die Voraussetzungen erfüllt hat, am Ende des Seminars eine Teilnahmebescheinigung aushändigen.
Die Seminarleiter sind verpflichtet Aufbauseminare so durchzuführen, wie
- die rechtlichen Vorschriften,
- die Auflagen der Behörde
- und das im Seminarleiter-Handbuch mit seinen Zielen, Inhalten und Methoden beschriebene Programm
dies vorgeben.
Die ordnungsgemäße Durchführung der Aufbauseminare wird durch die zuständige Behörde überwacht. Zu diesem Zweck können auch sachverständige Mitarbeiter der Behörde am Aufbauseminar teilnehmen.
Seminarleiter müssen sich regelmäßig fortbilden.